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Kampın dışardan görünümü

“Ein Flüchtlingslager in der Schweiz – wie ein offenes Gefängnis”

Interview: Mehmet Murat YILDIRIM

 

Im Flüchtlingszentrum in Uznach (Kanton St. Gallen) berichten Asylsuchende über prekäre Lebensbedingungen und belastende Verwaltungspraktiken. Die Aussagen von A.B. und Meral Yeşiltaş geben Einblicke in ein System, das an seine Grenzen stößt.

A.B.: “Trotz psychischer Probleme hört mir niemand zu – ich fühle mich hilflos und allein.”

Seit 21 Monaten wartet A.B. auf eine Entscheidung zu seinem Asylgesuch, davon lebt er 18 Monate im Lager. Erst nach einem Jahr wurde er an einen Psychologin verwiesen – zu spät für eine frühzeitige Behandlung.

 

A.B. kämpft mit kulturellen Konflikten in der Mehrbettunterkunft, seine Beschwerden wurden laut ihm ignoriert. Nach einem Streit beschädigte er einen Lichtschalter – nun drohen Sanktionen wegen „Sachbeschädigung“. Ihm wurde ein Zimmer- oder Lagerwechsel nahegelegt, was er als „Strafversetzung“ empfindet.

 

„Ich habe immer wieder Hilfe gesucht, aber niemand hat reagiert. Jetzt werde ich bestraft, statt verstanden.“

 

Die Lagerleitung verlangt ein ärztliches Gutachten von ihm, obwohl die Institution selbst dieses offiziell einholen könnte.

 

Auch das Arbeitssystem kritisiert er scharf: Für 1,50 Franken pro Stunde zu arbeiten sei Zwangsarbeit. Verweigert man die Arbeit, werden finanzielle Leistungen gekürzt – zum Teil auf nur 22 Franken pro zwei Wochen, statt der regulären 42.

Meral Yeşiltaş: “Nach meiner Krebstherapie wurde ich körperlich überfordert.”

Meral kam vor 15 Monaten in die Schweiz – kurz nach einer Lymphom-Behandlung. Im Kanton Tessin erhielt sie psychologische Betreuung. Nach der Verlegung nach St. Gallen war der Zugang extrem eingeschränkt. Erst nach langem Drängen bekam sie Unterstützung.

 

Obwohl sie 14 Monate lang aktiv am Lagerbetrieb teilnahm, blieben ihre Beschwerden zu hygienischen und räumlichen Zuständen unbeantwortet. Sie entschied sich, die Arbeit zu beenden.

 

„Ich weiß nicht, was mich erwartet, aber ich kann meine Gesundheit nicht weiter gefährden. Trotz harter Arbeit in der Küche fehlt mir ein Raum zum Ausruhen. Man erwartet Leistung, ohne die nötigen Bedingungen zu schaffen.“

“Es fühlt sich an wie ein halboffenes Gefängnis.”

 

Wegen politischer Verfolgung verließ sie ihre Heimat:
„Ich bin geflohen, um nicht ins Gefängnis zu kommen – und lebe jetzt in einem, das wie eines funktioniert.“

 

A.B. und Meral fordern ein transparentes, respektvolles und unterstützendes Vorgehen der Lagerleitung.

 

Biografie von Mehmet Murat YILDIRIM : begann seine journalistische Laufbahn im Jahr 2010 mit studentischen Zeitungen in Kütahya. Seine berufliche Entwicklung prägte er maßgeblich durch praktische Erfahrungen vor Ort. 2012 gründete er die Lokalzeitung Batman Sokak Gazetesi, die sowohl gedruckt als auch digital neue Akzente im Lokaljournalismus setzte. Später arbeitete er an der Ada Sokak Gazetesi in Kuşadası.

 

Er schrieb langjährig Beiträge für Medien wie Evrensel und Demokrat Haber. Rund zehn Jahre war er zudem in der Presseabteilung der Stadtverwaltung Kuşadası tätig.

 

Seit zwei Jahren lebt Yıldırım als Geflüchteter in der Schweiz und setzt seine journalistische Tätigkeit dort konsequent fort. Er publiziert regelmäßig in Gazete Sabro, Gaste Avrupa, Siyasi Haber und Dokuz 8 Haber und ist zudem Nachrichtenchef der Agentur Özgür Yurttaş Haber.

 

Als Mitglied des PangeaKolektif engagiert er sich insbesondere für die Rechte von Migrant*innen und Geflüchteten. Mit seiner journalistischen Erfahrung trägt er aktiv zu den medienbezogenen Aktivitäten des Kollektivs bei.